Nils Trauffer ist «Bauführer Felssicherung» bei der Gasser Felstechnik AG. Gemeinsam mit seinem Team sorgte er dafür, dass die Bergstation des Matterhorn Glacier Ride I stabil und vor Felsstürzen geschützt auf dem Klein Matterhorn gebaut werden konnte.
1. Herr Trauffer, Sie sind «Bauführer Felssicherung», was müssen sich Laien unter Ihrer Berufsbezeichnung vorstellen?
Wann immer eine Baustelle auf einem besonderen Areal realisiert werden soll oder Naturgefahren die Infrastruktur oder eine Baustelle gefährden, kommt die Abteilung Felssicherung ins Spiel. Solche Projekte begleitet ein Bauführer Felssicherung von der Kalkulation über die Umsetzung bis zur Abrechnung.
Zu unseren Aufgaben gehören Arbeiten im Bereich der Naturgefahrenbewältigung, wie beispielsweise Sicherheitssprengungen bei Felsstürzen, Murgängen oder Rutschungen sowie Arbeiten im hochalpinen Gelände, wie das Anbringen von Steinschlagschutznetzen.
2. Welche Kenntnisse sind dafür nötig?
Als Bauführer Felssicherung benötigt man natürlich theoretische Kenntnisse wie eine diplomierte Bauführerausbildung oder Gleichwertiges. Für den Beruf des Felssicherers gibt es keine spezifische Ausbildung, weshalb vieles «on the job» gelernt wird und interne Weiterbildungen eine wichtige Rolle spielen.
Unsere Mitarbeiter auf den Baustellen führen viele Arbeiten von Hand durch, indem sie sich mit Hilfe von Klettergurten abseilen, weshalb man körperlich fit, wetterfest und vor allem schwindelfrei sein muss. Wenn man den Ausblick auch auf grossen Höhen noch geniessen kann, ist das ein grosser Vorteil.
3. Hat sich Ihre Arbeit wegen der Klimaerwärmung verändert?
Naturgefahren haben uns in der Schweiz schon immer beschäftigt. Wir beobachten jedoch eine Zunahme der Sicherungsarbeiten wegen auftauendem Permafrost. Über 3'000 m ü. M. ist die Chance gross, dass man sich in einem Permafrostgebiet befindet – wie auch auf dem Klein Matterhorn. Im Sommer tauen die oberen zwei, drei Meter des Bodens auf und frieren in der Nacht wieder zu. Diese Wechselwirkung führt an der Felsoberfläche zu Gesteinsablösungen. Aus diesem Grund haben wir oberhalb der neuen Bergstation und bei der dritten Stütze (Masten) Netzabdeckungen und Steinschlagschutzwerke angebracht. Erst dadurch war ein sicherer Bau der Station überhaupt möglich. Gleichzeitig wurden die Bergstation und die Stütze tief im Fels verankert und mit Messsensoren ausgestattet, so dass auf allfällige Umgebungsveränderungen durch Permafrost sofort reagiert werden kann.
4. Haben Sie noch weitere Arbeiten durchgeführt?
Ja, im Anschluss an das Anbringen der Netzabdeckungen und der Steinschlag- und Schneeschutzwerke trugen wir insgesamt 10‘000m3 Fels ab, um ein Plateau für die neue Bergstation zu schaffen. Hinzu kamen temporäre Verankerungen für den Seilzug, die Transportseilbahn und das Kranfundament sowie die permanente Verankerung der Bergstation und der dritten Stütze. Bei der zweiten Stütze führten wir ausserdem Sondierbohrungen zur Felserkundung durch, um festzustellen, wo der Fels stabil ist, damit die Stütze fundiert werden kann.
5. Gab es während Ihres Einsatzes auf fast 4000 Metern über Meer besondere Herausforderungen?
Das Wetter auf dem Klein Matterhorn macht die Arbeit allgemein sehr anspruchsvoll. Tages-temperaturen bis zu minus 30 Grad und Windstärken bis zu 240 km/h stellen Mensch und Maschine vor besondere Herausforderungen. Die Maschinen wurden daher vorgängig an die Luftdruckverhältnisse angepasst und alle unsere Mitarbeitenden waren mit einer Expeditionsausrüstung ausgestattet. Gerade zu Beginn der Bauphase mussten viele Arbeiten von Hand ausgeführt werden, da der Kran noch nicht befestigt war, das war sehr anspruchsvoll. Ein anderes Beispiel ist das Einbringen der permanenten Anker, welche die neue Bergstation sicher befestigen. Dort mussten wir mehrfach mit 20 Grad warmem Wasser arbeiten, um den stetig gefrorenen Felsen aufzuwärmen. Dazu füllten wir die Bohrlöcher mit dem Wasser, bis der Fels eine Temperatur von 4 Grad erreichte und der Mörtel aushärten konnte. Auch die bis zu 20 Meter langen Anker mussten wir anschliessend vorheizen, bevor die Vermörtelung stattfinden konnte. Das Hantieren mit grossen Mengen warmen Wassers und vorgeheizten Ankern in Plastikumhüllungen verlangte unserem Team auf dieser Höhe einiges ab.
6. Was ist ihre schönste Erinnerung an die Bauzeit auf dem Klein Matterhorn?
Eine besondere Genugtuung war die erfolgreiche Fertigstellung des Felsausbruchs im August 2016. Nach langer, harter Arbeit war das Plateau für die Bergstation endlich vollendet. Überragt wurde das aber vom unglaublichen Teamwork aller Beteiligten. Allen war von Anfang an klar, dass der Zeitplan nur eingehalten werden kann, wenn wir von Anfang an Hand in Hand arbeiten. So gilt mein Dank allen hochmotivierten Spezialisten meines Teams und auch jenen der Partnerunternehmen.